Viele Menschen bekennen sich zur Liebe zur Natur. Das hält allerdings die meisten nicht davon ab, Tiere und Pflanzen für die eigenen Vorteile auszunutzen. Luc Teichmann ist da anders. Der Protagonist von Theresia Walsers Monolog „Eschenliebe“, den das Schauspielhaus Bochum im Oval Office zur Aufführung bringt, ist weder Naturschützer noch -freund, sondern vielmehr ein Liebhaber im wahrsten Sinne des Wortes: Der vereinsamte Sachbearbeiter, der bei einer großen Versicherung alles auf Zahlen und Fallnummern reduziert, hat sich in eine Esche am Stadtrand verliebt. Teichmann kämpft für „Ash“ – wie er sie zärtlich nennt – gegen den gefährlichen Sahara-Staub, die Trockenheit und die Sommerhitze, bis er beim abendlichen Gießen auf seinen Kollegen Albert trifft. Muss er sich jetzt outen und seine Neigung gestehen? Oder kann er weitermachen wie bisher?
Was wie eine Farce klingt, ist bei Walser weitaus mehr als das. Schließlich geht es um die Frage, ob Gefühle überhaupt falsch sein können und ob sie der Akzeptanz durch die Gesellschaft bedürfen, nur weil diese sie als „anormal“ ansieht. Müssen Fühlen und Begehren überhaupt gerechtfertigt werden? Und wer entscheidet, wo eine Grenze gezogen wird? Wie sollte das Verhältnis zwischen Mensch und Natur aussehen? Ist die permanente Abholzung des Regenwaldes etwa „schicklicher“ als das Verlangen, das Teichmann empfindet? All das lässt Theresia Walser in das Stück einfließen, ermöglicht aber ebenso eine Diskussion um sexuelle Identität und gesellschaftliche Normen. Welche Aspekte Regisseur Albrecht Schroeder in seiner Inszenierung aufgreift und wie Schauspieler Dominik Dos-Reis diese umsetzt, wird sich zeigen – noch ist die Probenarbeit in vollem Gange. Übrigens: Teichmanns Verlangen ist mitnichten eine bloße Erfindung, sondern als Dendrophilie bekannt. In London wollte eine Frau einen Baum sogar heiraten. Ihre Familie hat sie daraufhin für verrückt erklärt.
Eschenliebe | 13. (P), 14., 25.4. je 20 Uhr | Schauspielhaus Bochum, Oval Office | www.schauspielhausbochum.de
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