An einer Stahlkette baumelt er von der Decke herab: ein knallrot bemalter Steinklumpen empfängt die Besucher der Inventur-Schau. Ist das nun Kunst oder kann das weg? Das weiß zurzeit niemand, auch das Museumsteam nicht. Noch nicht. Denn genau darum geht es hier in dieser etwas anderen Ausstellung rund um die Bestandsaufnahme der hausinternen Skulpturensammlung. Es wird aufgeräumt! Was schlummert da seit Jahrzehnten im vollgestopften Kellerdepot – unbesehen, vernachlässigt und in keiner Datenbank erfasst? Die neue Museumsleitung will's wissen und lässt im weitläufigen Oberlichtsaal vor aller Augen auspacken.
Offen einsehbar, doch hinter einem Absperrband breitet sich der Bochumer Skulpturenschatz als eine Art Wimmelbild im Raum aus, ein Chaos aus oft namenlosen Dingen in Stahlregalen, auf dem Boden stehend und liegend, in allen Größen, Formen, Farben, manches noch in alten Kisten und blickdichten Folien. Fast wie Weihnachten, Überraschungen inklusive, wie der einst edel verpackte rote Klumpen. Dazwischen wuseln Kunsthistorikerinnen mit weißen Handschuhen und man kann ihnen dabei zuschauen, wie sie Werke sichten, vermessen, in alten Kladden, Listen, Katalogen und Hängeordnern blättern, im Netz recherchieren, Datenbanken füllen, dann Post-it-Zettelchen mit Inventardaten beschriften. Auf manchen Zetteln steht jedoch noch ein „?“. Besucher dürfen gern miträtseln und beim Identifizieren helfen. Teilhabe und Kommunikation wird großgeschrieben; die Zettelchen an jedem Objekt ebenfalls, damit sie von der Absperrung aus zu entziffern sind.
Wer zu normalen Öffnungszeiten ins Museum kommt, entdeckt auf dem Gang zum Oberlichtsaal bereits inventarisierte Appetizer. Bis auf Louise Nevelsons goldiges Sperrmüllobjekt von 1960 ist nichts davon je gezeigt worden, weder Christos „Package“ noch Heinz Brelohs Tonskulpturen oder Harun Farockis „Einschlafgeschichten“. Herzstück ist die Workstation im großen Saal. Mittwochs (17 Uhr) und sonntags (11 Uhr) dürfen Interessierte mit Führung das Allerheiligste betreten und sich zwischen den Werken und Regalen bewegen. Nur gucken natürlich, nichts berühren, wegnehmen oder einschmuggeln. Aber gern Fragen stellen und erzählen. Vielleicht kennt jemand die Geschichte des roten Steins?
Inventur – Ist im Keller noch Museum? | bis 19.3. | Kunstmuseum Bochum | 0234 910 42 30
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